Soeben 17.04.2002, Uhr 17,15
Gast:
Inge Wetting-Danielmeier, Schatzmeisterin
Thema: Spendenaffäre
Gast:
Michael Degen, Schauspieler.
Thema: Antisemitismus in Deutschland.
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(Zitate nur sinngemäß und ohne Gewähr. Protokollierung nur
nach Interessenlage und zeitlicher Möglichkeit von C.Elmar Schulte-Schulenberg.
Oder: „Omne quod recipitur – ad modum recipientis recipitur.“ )
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SM Sandra Maischberger
W Inge Wetting-Damielmeier
D Michael Degen
START
SM
Warum sind Sie Schatzmeisterin geworden?
W
Björn Engholm wollte jemanden haben, auf den er sich verlassen kann.
SM
Sind Sie der Querelen müde?
W
Nein. Die Lage ist problematisch. Da braucht mich die Partei. Innerparteilich
sind keine Schuldzuweisungen passiert.
SM
(Stellt „Listenproblematik“ differenziert vor.) Wie war das?
W
Die „Biciste-Liste“ und Menger-Liste stimmen zu ca. 80% überein. Biciste
hat sich über ca. 7 Jahre zurückerinnern müssen und ist entsprechend
zurückhaltend gewesen.
SM
Ihr Problem scheint zu sein (wie Sie publizierten) dass Sie Müntefering
die Kenntnis der Menger-Liste unterstellten und danach mit Müntefering
das Gegenteil veröffentlichten.
W
Wir alle hatten die Liste nicht für so wichtig gehalten. Die Listen enthielten
in jedem Falle Namen, die dort nicht hinein gehörten.
SM
Was ist richtig? Kannte Müntefering die Liste oder nicht?
Sie wie es aussieht (Volker Neumann) schiebt Ihre Partei Ihnen die Schuld
zu.
W
Dieses ist für mich ganz neu. : Ich bin im Ausschuss noch gar nicht
gefragt worden und soll trotzdem dort schon Aussagen zur Sache machen
müssen?!!
SM
Ist der Eindruck falsch, dass man Sie demontieren will?
W
Ich bin etwas knauserig, und das ärgert manchen in der SPD, - besonders
in Wahlzeiten.
SM
Will Schröder Ihnen wohl?
W
Frühere Differenzen sind längst erledigt.
Mir hat kein Mensch Unrechtmäßigkeiten vorgeworfen. Auch Müntefering
nicht. Eine Gegenüberstellungen im Ausschuss fürchte ich nicht.
SM
Freitag. Novelle zur Verschärfung des Parteigesetzes, - wirksam?
W
Wer mit krimineller Energie (wie Rüter, Köln) tätig wird,
ist auch dadurch nicht zu stoppen.
Herr Biciste hat da ganz anders (nicht kriminell) reagiert.
SM
Wie lange wollen Sie noch Schatzmeisterin sein?
W
Ich bin nicht amtsmüde – aber offensichtlich auch nicht mehr die Jüngste.
Kandidieren will ich nicht nochmals. Politisch tätig mag ich wohl bleiben,
möchte aber auch für meinen Mann und die Kinder frei sein.
PAUSE
SM
Lt. US Außenministerium Warnung. : Neue Welle von Antisemitismus in
Europa.
Sie sind Sohn jüdischer Eltern und haben überlebt. Wie erleben Sie
das Heute?
D
Meinen Vater habe ich in einem Zustand gesehen (den Tränen nahe), wie
ich keinem Menschen wünsche, seinen Vater sehen zu müssen.
Wir haben in der Familie 1945 einfach gesagt, wir sind neu geboren worden
und vergessen alles davor.
SM
Haben Sie jetzt wieder Angst?
D
Ja. Bei einer öffentlichen Äußerung gegen Neonazismus wurde
ich angegriffen. Meine Wohnung ist demoliert worden. Ich bin aber dort geblieben,
weil meine Vermieterin mich sehr darum gebeten hatte, die Kündigung
zurückzuziehen.
SM
Stimmt die Warnung des US Außenministeriums?
Und: Kann man Israel heute Vorwürfe machen?
D
Ja, - aber das ist eine alte Sache.. Der Antisemitismus hat sich vererbt.
Die „Glatzköpfe“ reden Nonsens. Kommt jedoch charismatische Intelligenz
dazu, dann wird es wieder sehr gefährlich.
Ich war jetzt in Israel. : Die Berichterstattung der internationalen Presse
ist nicht gut. Sharon agiert dämlich. Er und Arafat sind 2 alte
Männer, die voll emotional funktionieren.
SM
Morgen ist Ihr „Katzenbergerfilm“ in den Kinos. Wie waren die Reaktionen nach
der Premiere?
D
Teils stehende Ovationen.
Besondere Situation: Wir haben das in Nürnberg gemacht. Die Lokalgeschichte
ist dort überall gegenwärtig. Ich hätte mir nichts anderes
gewünscht. Das war dort sehr konzentriert.
SM
Geschichte Katzenberger: Damaliger Antisemitismus nur kleinbürgerlicher
Neid?
D
Ja. Die Regierenden haben diese Kleinbürgerlichkeiten benutzt.
Katzenberger war ein erfolgreicher Geschäftsmann und hat liberal, offen,
selbstbewusst gelebt.
SM
Was macht das mit Ihnen, wenn Sie immer wieder Rollen spielen, die Ihr Leben
spiegeln?
D
Im Grunde brauchte ich immer nur von meinem Vater zu reden.
SM
Sie sind im Januar 70 geworden. (Späte Gratulation.) Wie fühlen
Sie nun?
D
„Man kann - eigentlich - keinem über 70 die Hand geben.“ : Das hat sich
gegeben.
Die Glatzköpfe fürchte ich nicht. Nein.
(Aber wenn die Intelligenzija dazu kommt. - - - )
END
Bye!
charly1
( elmar@schulte-schulenberg.de
)
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