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Der Macher & Die Mächte (zugehört)
Soeben bei n-tv-Maischberger, 21.08.2002, Uhr 17,15
Zu Gast: Helmut Schmidt , SPD, Alt-Bundeskanzler
(Bei Hamburg an seinem Ferienort Bramsee im Garten)
Thema: Flutkatastrophe u. politische Folgen, Hamburger Sturmflut 1962
--
(Zitate nur sinngemäß und ohne Gewähr. Protokollierung
nur nach Interessenlage und zeitlicher Möglichkeit von C.Elmar Schulte-Schulenberg.
Oder: „Omne quod recipitur – ad modum recipientis recipitur.“ )
--
SM Sandra Maischberger
S Helmut Schmidt
START
Wie arbeiten Sie z.zt. von hier aus?
S
Büro in Hamburg informiert. Normal habe ich jetzt Ferien.
SM
Flut damals – heute?
S
Heute vom Landesinneren kommend, damals aus dem Norden (Nordsee), Jetzt
im Gegensatz zu 1962 kalkulierbar.
Damals mussten wir mit 10.000 Toten in Hamburg rechnen. Jetzt weniger Opfer
an Menschenleben; jetzt höherer Sachschaden.
SM
Damals Katastrophenalarm?
S
Nein.
Völlig unvorbereitet. Nacht. Ausmaß nie da gewesen.
Bei Windstärke 11 und 12 waren Hubschraubereinsätze kompliziert.
Nato hat sofort geholfen
SM
Bild-Zeitung berichtete 1962 von Ihrem militärischen Ton.
S
Ging nicht anders. Die Tölpel aus der Polizeibehörde haben mich
nicht früh genug anzurufen. Ich hatte die Möglichkeit, den Natooberfefehlshaber
Europa in Frankreich um Hilfe anzusprechen.(100 Hubschrauber bekommt nicht
jeder sofort). Auch Glücksfall, dass ich befreundet war mit dem Wehrkreisbefehlshaber
der Bundeswehr, einem Admiral (Wocke ?).
SM
Sie haben in dieser Situation Gesetze gebrochen und Kompetenzen ignoriert.
Einfach kommandiert?
S
Ja.
SM
Jetzt „Nationalkatastrophe“?
S
Ja
.
SM
Jetzt Zivilisationsschock?
S
Ja.
SM
Damals Staatsbesucher aus Bonn (Soldataenminister Strauß im Kampfanzug)
et et angenehm? Polittourismus angemessen?
S
Der Kanzler, Innen-, Umwelt- u.Verteidigungsminister müssen an Ort
und Stelle sein.
"Es fehlt mir so`n bischen, dass dem Publikum von 80 Mio. Einwohnern gezeigt
wird, dass anlässlich einer solchen Katastrophe Wahlkampf drittrangig
wird." Das Problem kann nur parteienübergreifend bewältigt
werden. Wahlkampfattitüde unangemessen.
Werbe-PAUSE
SM
Wie lange hat Hamburg 1962 gebraucht, um die 1/5 der Infra-Zerstörung
wieder aufzubauen?
S
2 – 3 Jahre.
Jetzt in Ostdeutschland wird man nicht so lange gebrauchen.
SM
Budapest. Die alten Mauern haben gehalten. Intelligenter?
S
Das hat mich gewundert.
SM
Jetzt Verzweiflung. Wie Ihre Erfahrung?
S
Jetzt kommt es auf den Kanzler ( und die Politiker) an. Daran hängt
die Zuversicht der Menschen.
Die Deutschen neigen ein bischen zur Angst und zu Gejammer.
SM
Kanzler hat jetzt Steuersenkung aufgeschoben. Ist das richtig? (15
Milliarden €)
S
Ja.
SM
Wie haben Sie damals die Soforthilfen finanziert?
S
Nicht mein Job gewesen. (100 – 200 Millionen DM aus dem Keller geholt und verteilt)
SM
Jetzt schwierigere Konjunkturlage. Jetzt Kanzlerentschluss OK?
S
Ja.
Die Nörgler sollen die Klappe halten.
SM
Wer treibt diesen Wahlkampf an verantwortlicher Stelle?
S
Weiß ich nicht. (Stoiber ist vorsichtig.)
SM
Gibt es konjunkturunschädlichere Finanzierungen als Steuergelder?
S
Es geht jetzt nicht um Konjunktur; es geht um eine Nationale Katastrophe
(Menschen)
SM
Situation günstig für SPD-Chancen?
S
Könnte so sein.
SM
Für keinen der Kanzlerkandidaten besonders gejubelt?
S
Nein.
Ich bin Stammwähler.
SM
Ökosteuer jetzt opportun?
S
Unsinn. Alle Steuern gehen in einen Topf..
Nur europaweit Ökofixierung möglich.
SM
Ihre Formulierung zum Kardinalprobleme: Überbevölkerung u. Klimawandel
jetzt steuerpolitische Orientierung?
S
Nein.
Primär keine steuerpolitische Thematik. „Kyoto, Johannesburg“, das
kann Klarheit bringen.
SM
Auf Amerika warten?
S
Nein.
Amerika unter Druck setzen. Das geht nur als vereintes Europa. ( Evtl.
in 30 Jahren)
SM
Jetzige Katastrophen sind etwas, an das wir uns gewöhnen müssen?
S
Nein.
SM
Wie 1962 Sturmflut von Nordsee et et et – kommt jetzt zuverlässig
häufiger?
S
Nein.
SM
Sind Sie sicher, dass Sie hier und jetzt keinen Wahlkampf für SPD
gemacht haben?
S
Ja..
SM
Kanzlerduell im TV ok?
S
TV-Fixierung finde ich nicht sonderlich begeisternd. Die Leute befassen
sich dann zu sehr mit Äußerlichkeiten.
END
Bye!
charly1
( Carl-Elmar Schulte-Schulenberg )
Schmidt, Helmut (*1918), Politiker (SPD),
fünfter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland (1974-1982). Durch
den überraschenden Rücktritt Willy Brandts vom Amt des Bundeskanzlers
im Zuge der Guillaume-Affäre fiel dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden
(seit 1968) und Bundesfinanzminister die Kanzlerschaft in der sozialliberalen
Regierungskoalition zu. Seine achtjährige Amtszeit war geprägt
von den Problemen der schwersten Weltwirtschaftskrise seit 1929 (provoziert
durch den Ölboykott der arabischen Staaten im Nahostkonflikt 1973) und
von der Verschärfung der innenpolitischen Situation als Folge der Mordanschläge
der linksterroristischen Rote-Armee-Fraktion (RAF).
Schmidt wurde am 23. Dezember 1918 in Hamburg geboren. Nach seinem Einsatz
als Soldat im 2. Weltkrieg studierte er Staatswissenschaften und Volkswirtschaft
in Hamburg (1945-1949) und begründete seine politische Laufbahn als
Bundesvorsitzender des seinerzeit zur SPD gehörenden Sozialistischen
Deutschen Studentenbundes (SDS) (1947/48). Von 1953 bis 1962 und von 1965
bis 1987 war er Mitglied des Deutschen Bundestags. Als Hamburger Innensenator
(1961-1965) erwarb er sich bei der Bewältigung der Flutkatastrophe 1962 den Ruf des durchsetzungsfähigen
Krisenmanagers . Von 1967 bis 1969 Vorsitzender der Bundestagsfraktion
der SPD und in der Regierung Brandt Bundesverteidigungsminister (1969-1972),
Wirtschafts- und Finanzminister (1972) und Finanzminister (1972-1974) konzentrierte
er sich mit anerkanntem wirtschaftlichem Sachverstand auf das pragmatisch
„Machbare”.
Als Bundeskanzler setzte er die auf Ausgleich mit den östlichen Nachbarn
zielende Entspannungspolitik Willy Brandts mit Verträgen mit der Tschechoslowakei
(1974) und Polen (1976) und weiteren Gesprächen mit den führenden
Repräsentanten der DDR (Besuch 1981) fort. Im zeitweiligen Widerspruch
zur Mehrheit seiner Partei verfolgte er jedoch zugleich eine Politik der Stärke
im Rahmen des westlichen Bündnissystems und gehörte zu den Urhebern
des NATO-Doppelbeschlusses (1979). Nach dem Wahlsieg der Koalitionsparteien
SPD und FDP 1980 entfernte er sich mit seinem Regierungsstil und seinen politischen
Entscheidungen zunehmend von der Parteibasis. Der Rücktritt der vier
FDP-Minister in seinem Kabinett leitete den Sturz des zweiten sozialdemokratischen
Kanzlers der Bundesrepublik ein, der nach einem konstruktiven Misstrauensvotum
von Helmut Kohl (CDU) abgelöst wurde. Seit 1983 ist Schmidt Mitherausgeber
der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit.
Verfasst von:
Wieland Eschenhagen
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( Allgemeine Copyrightanmerkungen
des Autors )
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