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Pechschwarz  Knallrot.  (zugehört)

Soeben bei n-tv-Maischberger, 25.06.2003, Uhr 17,15
Zu Gast: Lothar Späth,    CDU, [1] Wirtschaftsmanager.
              Gregor Gysi,     PDS, Ex-Parteivorsitzender.

Thema: Streiks in Ostdeutschland.

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(Zitate nur sinngemäß und ohne Gewähr. Protokollierung nur nach Interessenlage und zeitlicher Möglichkeit von C.Elmar Schulte-Schulenberg. Oder: „Omne quod recipitur – ad modum recipientis recipitur.“
Hiermit ausdrückliche Distanzierung von allen Linkinhalten im Sinne von persönlichem Haftungausschluß nach neuester Rechtsprechung.  )  
--
SM Sandra Maischberger
S     Lothar Späth
G     Gregor Gysi


Anmoderation von SM:

"Herzlich Willkommen zur heutigen Sendung!

Beim großen Streik sind sich alle wenigstens in einem Punkt einig, nämlich, dass es um mehr geht als nur um 35 Stunden.

„Klassenkampf“ wird gesagt. „Kampf zwischen Ost und West“.

Manche zeihen eine Parallele zum letzten großen Streik der Bergarbeiter in Großbritannien gegen die Regierung Thatcher in den siebziger Jahren, der mit der Aufgabe der Bergarbeiter endete und damit den Weg frei machte für den Thatcherismus in Großbritannien.
Auf Deutschland übersetzt hieße das. :
Dieser Streik der IG-Metall im Osten könnte der Anfang vom Ende des „Sozialen“ in der deutschen Marktwirtschaft sein.

Das ist eine der vielen Fragen, die wir diskutieren, mit zweien, die „Osten“ deklinieren können,  Wirtschaft, Politik und Medien. 
Gregor Gysi und Lothar Späth sind zu Gast. Herzlich Willkommen!“


START

SM
Ist dieses Ihr erster gemeinsamer Auftritt nach Einstellung Ihrer eigenen Sendung?
S+G
Ja

Jetzt "Partnerlook" Späth & Gysi.

SM
Wir versuchen mal 2 Thesen. :

(These Nr. 1)
[
(These Nr. 2 klicke hier)]                                                                                                                                      

Sie (gemeint war Späth?) schrieben letzte Woche:
„Das ist kein klassischer Arbeitskampf, sondern im Prinzip ein Ost/Westkonflikt. Da tritt nicht Arbeit gegen Kapital an, sondern im Prinzip westdeutsche Gewerkschaftler gegen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Ost.“
Ist das eine These, die Sie (an Gysi gewendet) so unterschreiben können?

G
Nein
Der Streik ist nicht klug kommuniziert worden. :
01.    Wen soll man bestreiken? Einen Schwächelnden kannste ja nicht tot machen über einen Streik.
02.    Ist es und bleibt es eine Gerechtigkeitslücke, dass man für die gleiche Arbeit deutlich weniger verdient oder deutlich länger arbeiten muss, - für       weniger Geld.
03.    Das ist für mich das Entscheidende. :
Alle regen sich über den Streik auf aber keiner sagt etwas dazu, dass die Arbeitgeber erklären, also dieser Streik würde sie dazu bringen, über ihr Engagement im Osten Deutschland noch mal neu nachzudenken.
Das ist a) ´ne Nötigung und entblößt. Es entblößt aus folgendem Grunde: Weil sie sagen: „Nichts ist mit Patriotismus. [ Bin sofort fertig! ] Nichts ist mit Verantwortungsgefühl und Fürsorgepflicht, sondern das einzige was uns reizt, sind niedrigere Löhne bei längerer Arbeitszeit.
Und ich finde dagegen hätte es auch mal ´nen Aufschrei geben müssen.

S
Sie müssen doch existieren können. Und das ist ganz einfach.

Für mich ist das Problem überhaupt nicht bedeutend, weil ich 'nen Betriebstarifvertrag hab' mit der IG-Metall. [...] Ich bin jetzt Aufsichtsratsvorsitzender bei Jenoptik. Und wir werden den Betriebstarifvertrag auch wieder erreichen. Und wir werden nicht mehr Mitglied des Arbeitgeberverbandes mit Tarifbindung.
Und wenn Sie jetzt eine ganz einfache Rechnung machen. :
125.000 Menschen arbeiten in dieser Branche.
  10.000 Waren organisiert beteiligt bei der Abstimmung.
    8.000 Haben für Streik gestimmt.
Wo ist denn da die Legitimation?

Und darüber haben wir ein ganz einfaches Problem. :
70%  der Produktivität des Westens haben wir heute.
Die Hälfte der Betriebe, einschließlich der Jenoptik haben 100% und zahlen auch – fast - Westlöhne. 
Wenn Sie jetzt die anderen rechnen, dann haben Sie eine Unmenge verlängerter Werkbänke, die bei  50% der Produktivität und darunter liegen.
Wenn Sie jetzt Osteuropa auf machen und gleichzeitig Subventionen auslaufen, dann werden Sie ein Arbeitsplatzproblem kriegen, das sich gewaschen hat.  

SM
Aber wo ist denn jetzt dieser Ost/Westkonflikt, den Sie da diagnostiziert haben?
S
Das ist ganz klar. :
Die haben die Unternehmen bestreikt, die Zulieferer für den Westen sind, um den Streik nach Westen rein zu tragen. Und im Westen kommt jetzt die Reaktion, mit der sie nicht gerechnet haben. : Dass nämlich nicht die Gewerkschaften im Westen den Druck erhöhen, - schon die Führer, aber nicht die Gewerkschaftler -, dass die bei BMW fluchen und sagen. : Die Ossis sollen ihre Arbeit machen, damit wir nicht unseren Verdienstausfall haben.
Und jetzt kommt die Rückkopplung. :
Wenn im Osten aber jetzt schon nur noch 10, 12 % der Betriebe in der Organisation der Tarifbindung. Wenn man da jetzt nen Streik anfängt, in dieser kleinen Gruppe und den zielt, auf die Leute, die von der Zulieferung abhängig sind, dann schaffen Sie da einen Ost/Westkonflikt. An den Stammtischen in Baden-Württemberg  mir sagen die Arbeiter. : „Späth, was ist mit deinen Ossis los? - Die streiken!“
Wenn ich denen sag, dass die Nummern der Autos, die da stehen vor dem Streiklokal, lauter Westnummern sind, - Stuttgart, Schweinfurt, Frankfurt und gar keine Ostnummern, dann begreifen die erst, dass hier der Westen dem Osten etwas aufdrückt, was der Osten so gar nicht will.

SM
Die Ungerechtigkeitslücke?

S
Ja, für die ist theoretisch der Herr Gysi zuständig. – Aber praktisch sagen mir die Arbeiter. :

„Lass mir meinen sicheren Arbeitsplatz!“

In meinem Betrieb hat niemand die 38-Stunden diskutiert, in der letzten Woche, - obwohl ich 1.000 Mitarbeiter hab´, in der Metallbranche. 
Das ist die Realität.

G
Ja, wir müssen dann nur 2 Dinge dazu erwähnen. :
Das eine ist.
Wenn das stimmt, mit der Ost-Erweiterung der Europäischen Union, was Sie erwähnen, wird  damit die Konkurrenz noch schwerer, auch der Druck auf Löhne Arbeitzeit etc. , dann hieße es ja, dass das danach überhaupt nicht mehr zu erreichen wäre, - eine Angleichung  zwischen Ost und West auf dieser Strecke, sonder noch schwieriger würde, [Stereo]  sozusagen die Schwierigkeit gegenüber Polen  und anderen Ländern noch zunähme.
Also, zumindest habe ich die These so verstanden.


SM
Also, wenn Sie für Angleichung sind, dann müssten Sie doch für die Angleichung der 40-Stundenwoche sein, die 38 bis 40 im Osten, dann bitte auch für den Westen. 
G
Es gibt auch immer eine Angleichung nach unten. Aber das kann nicht das Ziel von Reformen und Entwicklungen sein, wo man ja eigentlich will, dass die Lebensverhältnisse der Leute sich verbessern und nicht, dass sie sich verschlechtern, indem nach unten angleicht.
Aber ein Problem ist natürlich wahr, dass auch die Gewerkschaften, - glaub´ ich in den letzten Jahrzehnten, trotz der absehbaren Entwicklung viel zu national gewirkt haben und viel zu wenig sich für europäische Standards erfolgreich eingesetzt haben.  [...] (Es folgen Beispiele dazu.)



SM
Sind die Ziele des jetzigen Streiks richtig? 

G
Ja
(Angleichung unabhängig von Ortsituation, weil "neoliberale These in letzten 13 Jahren widerlegt.")



Dialektiker Gysi vs. Pragmatiker Späth.




(These Nr. 2)


[(Zur These Nr. 1 klicke hier)]


SM
So, und dann kommt die These Nr. 2. :
Und die hat mit diesem Thatcherismus zu tun, in Großbritannien.
Dadurch, dass die Gewerkschaften jetzt auf diese Art und Weise diesen Streit machen, indem andere Interessen mit hineinspielen – denn das ist ja offensichtlich zu erkennen – könnte es darauf hinauslaufen, - nicht nur, wie Sie sagen, dass das Tarifmodell an sich gefährdet ist, - sondern tatsächlich, dass, wie´s jetzt gerade einer geschrieben hat, dass die Gewerkschaften, die schon mürbe geklopft sind – durch Schröder, was die sozialen Veränderungen angeht, - jetzt von den Arbeitgebern endgültig entmachtet werden. Denn noch nie hat ein Streik eine solche Ablehnung auf breiter Front hervorgerufen, wie dieser.
Und das hieße aber, dass bei uns jetzt im Prinzip das beginnt, was wir – eben – seit 13 nicht gemacht haben, nämlich, was Thatcherismus bedeutet oder Reaganomics  ist.
Ist es das?

S
Nein.
Das ist es nicht. Ich glaube nie, dass wir in Deutschland einen Thatcherismus kriegen. Da spricht eigentlich auch nichts dafür. Auch, was jetzt passiert, spricht nicht dafür. Das ist eine Dimension zu hoch gegriffen.
Wir haben zum ersten Mal den Zustand, dass die öffentliche Stimmung so gegen die Gewerkschaft steht, dass die Gewerkschaften zum ersten Mal merken, dass sie nicht die Solidarität einklagen können, für unsinnige Opfer. Weil die Unsinnigkeit dieser Situation, die ist inzwischen – mit wenigen Ausnahmen, Herrn Gysi z.b. – haben die meisten begriffen, dass das nix wird. Und die Gewerkschaften ziehen schon ein Stück zurück. Jetzt wird der Streik schon mal ausgesetzt. Sie kriegen da ein Ergebnis, das die Gewerkschaften eigentlich innerlich nicht verkraften können. Dann muss man fragen, warum die Mutprobe zu der Zeit, an dem Platz, zu den Bringungen. Und wer eben glaubt, er könnte das Alte immer einklagen.

Das ist die Lehre, nicht der Thatcherismus. :
Sondern, wer das Alte immer einklagen will – mit Gewalt – während sich die ganze Welt verändert,
der wird irgendwann mal mit abgesägten Hosen da stehen.


G
Erst mal eine Bemerkung. :
Also, das geschieht hier nicht mit Gewalt; sondern  mit einem legalen Mittel.
Also, der Streik ist ja in Deutschland erlaubt. Ich sag´s noch mal.
      [Stereo]
Nur, - über eine Sache müssen wir uns doch im klaren sein. :
Natürlich ist die Stellung der Gewerkschaften äußerst schwierig. Wir haben einen neoliberalen Zeitgeist, der auch fest die SPD erreicht hat, Bündnis90/Grüne erreicht hat. Und insofern wirken sie so´n bisschen wie von vorgestern, traditionalistisch, etwas einsam. Das schwächt sie. Das liegt auch daran, dass sie m.e. wenig Alternativen – wirklich – entwickelt haben. [Stereo]

Das ist die entscheidende Frage. :
Gibt es Alternativen?


Gibt es Alternativen?

Weil wir heute nur noch über Leistungskürzungen diskutieren. Also, wir nehmen immer die Kasse und sagen. : So, es lang nicht mehr, also müssen die Patienten das zuzahlen, oder das kriegen sie nicht mehr bezahlt etc. ,etc.
Und das sind ja im Grunde alles keine Reformen, weil wir nichts strukturell verändern.

SM
Ist denn der Zug jetzt abgefahren?
Es könnte doch jetzt sein, dass nun tatsächlich. Also, die linke Opposition ist weich geklopft, - das war ja der Grund dieser These – und jetzt kann der Durchmarsch im Prinzip beginnen, an dessen Ende Privatisierung steht, an dessen Ende die Aufgabe der Parität in den Sozialversicherungen steht, an dessen Ende "MacJobs (?)" stehen.

G
Sie haben Recht.
Es besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften und das was sie vertreten, in Deutschland in den nächsten Jahren – und das hat schon begonnen, vor längerer Zeit  - erheblich geschwächt werden. Deshalb ist es wichtig, jetzt Arbeitskämpfe oder die Stellung der Gewerkschaften besonders klug zu organisieren, um eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen. Dazu gehört dann auch, - und dann darf ich dazu eine Bemerkung machen, - sich auch neben den Beschäftigten um die Nichtbeschäftigten zu kümmern. [...]
(Beispiele)



Bleiben Sie bei uns.  ;-)
   Werbe-PAUSE



SM
Möllemanns „Schwarzpeterfigur“ der FDP, Ihr eigenes Schicksal bei PDS?
G
Nein

SM
Medienkompatibilität gleich Skandalkompatibilität?  (Möllemann, Friedmann)
S
Nein
(Wolfsrudeleffekt. Null-Chance.)

SM
Gysi-Verfehlung – private Bonusmeilen – richtig berichtet?
S
Ja

SM
Späth-Verfehlung – auf Industriellenkosten Urlaub gemacht – richtig berichtet?
G
Ja
(Alles eine Frage der Irreparabilität des jeweils ganz eigenen Images.)

SM
Friedmann in seiner Sendung zu privat insistiert?
G
Ja
(Hofft auf eine allseits respektierte Medienordnung in Deutschland)

SM
Wenn Friedmann wieder kommen sollte, ist er dann gefestigter/besser?
S
Ja

SM
Lt. Lothar Bisky kann man „auf ein Talent wie Gysi nicht verzichten“, stimmt?   (Jetzt PDS-Parteitag)
G
Ja

SM
Kommen Sie jedes halbe Jahr als Kommentatoren für Wirtschaft und Politik in diese Sendung?
S+G
Ja

END


"Adlerauge" ;-) Schulte gen. Schulenberg

Bye!


Klick führt zu meinem Leistungstraining.

( Email an:  Carl-Elmar Schulte-Schulenberg )

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Späth, Lothar    (Artikel wurde am 8. Oktober 2002 aktualisiert)

Späth, Lothar (*1937), deutscher Politiker (CDU) und Industriemanager, Ministerpräsident von Baden-Württemberg (1978-1991) und Leiter der Jenoptik GmbH bzw. Jenoptik AG in Jena (seit 1991).

Lothar Späth wurde am 16. November 1937 in Sigmaringen als Sohn eines Lagerverwalters geboren. Nach dem Besuch der Verwaltungsschule trat er 1953 in den kommunalen Verwaltungsdienst ein. Als Mitglied der CDU wurde er 1957 zum Bürgermeister der Stadt Bietigheim gewählt. 1968 wurde Späth Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg, wo er 1972 den Vorsitz der CDU-Fraktion übernahm. 1970 wurde er Geschäftsführer der gewerkschaftseigenen Baugesellschaft Neue Heimat, und 1974 wechselte er in den Vorstand eines Bauunternehmens. 1978 trat er als Innenminister in das Kabinett von Ministerpräsident Hans Filbinger ein; noch im selben Jahr wurde er dessen Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten. In dieser Funktion baute er Baden-Württembergs Spitzenstellung als „Musterländle” der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik aus und profilierte sich als strategischer Vordenker der CDU und innerparteilicher Kritiker des Parteivorsitzenden Helmut Kohl. Im Januar 1991 trat Späth, nachdem ihm Vorteilsnahme im Zusammenhang mit Ferienreisen („Traumschiff-Affäre”) vorgeworfen worden war, als Regierungschef und später auch als CDU-Landesvorsitzender, der er seit 1979 war, zugunsten von Erwin Teufel zurück.

Im Juni 1991 übernahm Späth die Geschäftsführung der Jenoptik GmbH in Jena, die aus dem bankrotten DDR-Kombinat VEB Carl Zeiss Jena herausgelöst worden war. Innerhalb weniger Jahre gelang es ihm, das Unternehmen zu einem leistungsfähigen, international tätigen Hochtechnologiekonzern auszubauen, den er 1996 in eine Aktiengesellschaft umformte und 1998 an die Börse brachte. 1996 übernahm er den Vorstandsvorsitz der Jenoptik AG.

Im Mai 2002 berief Edmund Stoiber, der Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahlen im September 2002, Späth in sein so genanntes Kompetenzteam, zuständig für die Bereiche Wirtschaft, Arbeit und Aufbau Ost, für die Späth auch nach einem Wahlsieg der Union verantwortlich bleiben sollte, dann als Minister eines erheblich erweiterten Wirtschaftsressorts. Der Union gelang es jedoch nicht, die rotgrüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder abzulösen; Späth verzichtete auf sein in den Wahlen vom 22. September 2002 errungenes Bundestagsmandat – das erste in seiner politischen Karriere – und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgaben als Vorstandsvorsitzender der Jenoptik.

Späth hat mehrere lebhaft diskutierte Sachbücher publiziert (u. a. Sind die Deutschen noch zu retten, 1993; Die Stunde der Politik, 1999; Die New Economy Revolution, 2001) und engagiert sich als Kunstliebhaber, Mäzen und Moderator (Talkshow Späth am Abend auf n-tv).

Verfasst von:
Wieland Eschenhagen


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Gysi, Gregor             (Artikel wurde am 5.August 2002 aktualisiert)

Gysi, Gregor (*1948), Jurist und Politiker, Vorsitzender der PDS (1989-1993) und der PDS-Gruppe bzw. -Fraktion im Deutschen Bundestag (1990-2000).

Gregor Gysi wurde am 16. Januar 1948 als Sohn des späteren DDR-Kulturministers Klaus Gysi in Berlin (Ost) geboren. Er besuchte eine Polytechnische Oberschule, anschließend eine Erweiterte Oberschule in der DDR; daneben absolvierte er eine Ausbildung zum Facharbeiter für Rinderzucht. Nach dem Abitur 1966 studierte er Jura an der Humboldt-Universität in Berlin (Ost), war dann kurzzeitig als Richterassistent tätig, ließ sich 1971 als Rechtsanwalt in Berlin (Ost) nieder und promovierte 1976. Als Rechtsanwalt vertrat er u. a. systemkritische Bürger wie z. B. Rudolf Bahro, Robert Havemann und 1989 das Neue Forum sowie so genannte „Republikflüchtlinge”.

Gysi, seit jungen Jahren Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), beteiligte sich unmittelbar nach Öffnung der innerdeutschen Grenze an der Umgestaltung der SED zur PDS, die zunächst für das Weiterbestehen zweier deutscher Staaten eintrat. Von 1989 bis 1993 war er Vorsitzender der PDS und nach der letzten Volkskammerwahl vom März 1990 auch deren Fraktionsvorsitzender. Nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl vom Dezember 1990 zog Gysi als Führer einer Gruppe von 17 PDS-Abgeordneten (bzw. 30 Abgeordneten seit der Bundestagswahl von 1994) in den Bundestag ein. Nachdem die PDS bei den Bundestagswahlen 1998 erstmals die Fünfprozenthürde übersprungen und damit Fraktionsstärke erreicht hatte, wurde Gysi Fraktionsvorsitzender.

Seit er im Bundestag vertreten ist, sieht sich Gysi mit der Anschuldigung – u. a. seitens ehemaliger Mandanten – konfrontiert, er habe vor der deutsch-deutschen Vereinigung als Anwalt für den Staatssicherheitsdienst (Stasi) der DDR gearbeitet. 1997 kam die Gauck-Behörde nach umfangreicher Akteneinsicht zu dem Schluss, dass Gysi zwischen 1978 und 1989 inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi war – was Gysi nach wie vor vehement bestreitet; er habe vielmehr beim Zentralkomitee der SED zu Gunsten seiner Mandanten zu wirken versucht. Auf der Grundlage des Gauck-Berichts befasste sich dann der Immunitätsausschuss des Bundestages mit der Frage nach einer inoffiziellen Zusammenarbeit Gysis mit dem DDR-Staatssicherheitsdienst; in einem Bericht hielt es der Ausschuss im März 1998 schließlich für erwiesen, dass Gysi IM der Staatssicherheit war. Gegen diesen Bericht beantragte Gysi beim Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Verfügung; der Antrag wurde jedoch abgewiesen. Im Juli 1998 wies das Bundesverfassungsgericht eine weitere Klage Gysis gegen den Ausschussbericht zurück. Allerdings stellten vier der acht Richter, unter ihnen die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, fest, dass der Ausschuss mit seiner Wertung, Gysi habe seine Position als Anwalt im Auftrag des Staatssicherheitsdienstes gegen seine Mandanten ausgenutzt und an der Unterdrückung der demokratischen Opposition aktiv mitgewirkt, seinen Auftrag „in verfassungswidriger und diskreditierender Weise überschritten” hat.

Auf dem Parteitag der PDS im April 2000 kündigte Gysi seinen Rückzug vom Fraktionsvorsitz und aus der Parteispitze an – mit der Begründung, er habe seine „historische Aufgabe erfüllt”. Zuvor hatte er bei der Abstimmung des Parteitages über Kampfeinsätze der Vereinten Nationen die schwerste Niederlage seiner Parteilaufbahn hinnehmen müssen. Kurz vor Gysi hatte bereits der Parteivorsitzende Lothar Bisky erklärt, nicht mehr für ein Führungsamt in der Partei kandidieren zu wollen. Am 2. Oktober 2000 wählte die PDS-Fraktion im Bundestag ihren bisherigen Geschäftsführer Roland Claus zu ihrem neuen Vorsitzenden.

Nach dem Bruch der CDU/SPD-Koalition in Berlin und der Abwahl des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen im Juni 2001 nominierte die Berliner PDS Gysi zu ihrem Spitzenkandidaten für die vorgezogenen Neuwahlen des Berliner Abgeordnetenhauses am 20. Oktober 2001. Aus den Wahlen ging die PDS unter deutlichen Zugewinnen mit 22,6 Prozent der Stimmen als drittstärkste Partei hervor, wobei im Ostteil der Stadt fast 50 Prozent der Wähler für die PDS gestimmt hatten, was von Gysi und der PDS als klarer Wählerauftrag für eine Regierungsbeteiligung der PDS gewertet wurde. Allerdings nahm der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zunächst Verhandlungen über die Bildung einer „Ampelkoalition” aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf. Erst als die Option „Ampel” gescheitert war, trat die SPD Anfang Dezember 2001 in Verhandlungen mit der PDS, die relativ rasch in die Einigung auf eine rot-rote Koalition mündeten. In der neuen Landesregierung unter Klaus Wowereit, die am 17. Januar 2002 gewählt wurde, übernahm Gysi das Amt des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Frauen und wurde als Bürgermeister Stellvertreter Wowereits. Bereits am 31. Juli 2002 trat er vor dem Hintergrund der so genannten Bonusmeilen-Affäre wieder von seinem Senatorenamt zurück und legte auch sein Berliner Abgeordnetenmandat nieder. Gysi hatte – wie einige andere Politiker auch – dienstlich erworbene Flug-Bonusmeilen privat genutzt und damit gegen den verbindlichen Verhaltenskodex des Bundestages verstoßen. Während verschiedene Seiten den Rücktritt als völlig überzogene Reaktion bezeichneten, begründete Gysi seinen Schritt damit, dass er großen Wert darauf lege, sich „moralisch fehlerfrei zu bewegen”.

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PDS

Partei des Demokratischen Sozialismus
1  EINLEITUNG

Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), deutsche politische Partei, Nachfolgeorganisation der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

2  GESCHICHTE

Angesichts des Zusammenbruchs des SED-Regimes in der DDR formierte sich die SED unter der Führung reformwilliger Kräfte im Dezember 1989 als „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus” (SED/PDS) neu; am 4. Februar 1990 nannte sie sich offiziell in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um. Prominente Vertreter der alten Führungsriege der SED wie etwa Erich Honecker, Willi Stoph, Günter Mittag, Kurt Hager und Egon Krenz wurden im Dezember 1989/Januar 1990 aus der Partei ausgeschlossen. Vorsitzender der SED/PDS wurde im Dezember 1989 Gregor Gysi; im Februar 1990 wurde Gysi als Vorsitzender der PDS bestätigt, Hans Modrow wurde Ehrenvorsitzender der Partei.

Bei den ersten freien und zugleich letzten Volkskammerwahlen in der DDR am 18. März 1990 erreichte die PDS 16,4 Prozent. Bei den darauf folgenden Kommunalwahlen in der DDR und den Landtagswahlen im Oktober 1990 musste sie dann zum Teil deutliche Verluste hinnehmen; ihr schlechtestes Ergebnis erzielte sie in Thüringen mit 9,7 Prozent. Bei den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen am 2. Dezember 1990 erhielt die PDS im „Wahlgebiet Ost” 11,1 Prozent der Stimmen, im Westen 0,3 Prozent (und damit bundesweit 2,4 Prozent) und zog entsprechend der für die Bundestagswahlen 1990 geltenden Sonderregelung mit 17 Abgeordneten in den Deutschen Bundestag ein. Vorsitzender der PDS-Gruppe im Bundestag (der Fraktionsstatus blieb ihr wegen Nichterreichens der Fünfprozenthürde versagt) wurde Gregor Gysi.

Im Januar 1993 verabschiedete die PDS ihr Grundsatzprogramm. In ihm bekennt sie sich zu ihrer „eigenen Verantwortung für die Entstellung der sozialistischen Idee” in der Vergangenheit, für die „Irrtümer, Fehler und Verbrechen, die im Namen des Sozialismus begangen wurden”, und stellt sich der Konfrontation mit ihrer Geschichte. Sie versteht sich als „Zusammenschluss unterschiedlicher Kräfte”, die das Engagement für eine tief greifende Veränderung der Gesellschaft im Sinn eines demokratischen Sozialismus und der Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit eint. Dem Erbe von Marx und Engels verpflichtet, sieht sie in der Überwindung der Herrschaft des Kapitals eine Grundvoraussetzung für eine sozial gerechte und demokratische Gesellschaftsordnung. Sie vertritt insbesondere die Interessen der Menschen in Ostdeutschland, die durch die deutsch-deutsche Einigung sozial, wirtschaftlich und politisch ins Abseits geraten sind. Die PDS bekennt sich klar zu den demokratischen Prinzipien des Grundgesetzes. Auf dem Parteitag im Januar 1993 wurde Lothar Bisky zum neuen Parteivorsitzenden gewählt.

Bei den Bundestagswahlen 1994, bei denen die Fünfprozentklausel wieder für das gesamte Wahlgebiet der Bundesrepublik galt, erreichte die PDS zwar nur 4,4 Prozent der Stimmen; da sie aber vier Direktmandate (Gregor Gysi, Stefan Heym, Christa Luft und Manfred Müller) gewonnen hatte, erhielt sie ihrem Zweitstimmenanteil entsprechend 30 Bundestagssitze. Stefan Heym eröffnete als Alterspräsident die erste Bundestagssitzung der 13. Legislaturperiode; nach seinem Rücktritt von seinem Abgeordnetenmandat übernahm mit Heinrich Graf von Einsiedel ebenfalls ein PDS-Abgeordneter das Amt des Alterspräsidenten. Vorsitzender der PDS-Bundestagsgruppe wurde wieder Gregor Gysi.

Bei den Landtagswahlen 1994 in den fünf neuen Ländern konnte die PDS wieder deutlich hinzugewinnen: Ihr schlechtestes Ergebnis waren nun 16,5 Prozent in Sachsen, ihr bestes 22,7 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. In vier der fünf ostdeutschen Landtagen stellte sie die drittstärkste Fraktion, in Brandenburg sogar nach der SPD die zweitstärkste. An der Regierung wurde sie jedoch in keinem der fünf Länder direkt beteiligt – SPD und vor allem CDU lehnten auf Landesebene eine Koalition mit der PDS, die sie für politik- und regierungsunfähig und nichts anderes als die alte SED mit lediglich neuem Namen halten, strikt ab. Nur in Sachsen-Anhalt regierte die rotgrüne Minderheitskoalition unter Reinhard Höppner (SPD) mit Tolerierung der PDS. Auf kommunaler Ebene dagegen kooperierten in Ostdeutschland sowohl SPD wie auch CDU in vielfältiger Weise mit der PDS; so stützten sich z. B. PDS-Bürgermeister auf die Stimmen von CDU-Stadträten und umgekehrt.

Das Ergebnis der Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 26. April 1998 – für die PDS mit 19,5 Prozent in etwa das gleiche Ergebnis wie 1994 (19,9 Prozent), leichte Zugewinne für die SPD, herbe Verluste für die CDU, Ausscheiden der Grünen aus dem Landtag – entfachte erneut eine heftige Diskussion über die Koalitions- und Regierungsfähigkeit der PDS: Die CDU lehnte eine Zusammenarbeit mit der PDS weiterhin ausnahmslos ab; die SPD-Landesverbände in Sachsen-Anhalt und den anderen ostdeutschen Ländern befürworteten eine Kooperation, zumindest eine partielle, die Bundes-SPD dagegen sprach sich – vor allem auch angesichts der bevorstehenden Bundestagswahlen – gegen jegliche Zusammenarbeit mit der PDS aus. Am Ende kam in Sachsen-Anhalt erneut eine von der PDS tolerierte SPD-Minderheitsregierung zustande. Die Versuche der CDU, das „Paktieren” der SPD mit der „SED-Nachfolgeorganisation” im Bundestagswahlkampf gegen die SPD zu instrumentalisieren, wurden durch Hinweise auf die effektive CDU/PDS-Zusammenarbeit in zahlreichen ostdeutschen Kommunen ad absurdum geführt.

Die Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Landtag von Mecklenburg-Vorpommern am 27. September 1998 brachten für die PDS entscheidende Zugewinne: Bei den Bundestagswahlen erreichte sie 5,1 Prozent und zog – nun erstmals in Fraktionsstärke – mit 36 Abgeordneten in den Bundestag ein; Fraktionsvorsitzender wurde Gregor Gysi. In Mecklenburg-Vorpommern verbesserte die PDS ihr Ergebnis leicht auf 24,4 Prozent und blieb drittstärkste Fraktion, während die SPD die CDU, die deutlich verlor, als stärkste Fraktion ablöste. Nachdem die Koalitionsgespräche der SPD mit der CDU rasch gescheitert waren, schlossen SPD und PDS nach langwierigen Verhandlungen, bei denen es auch um die Art der Zusammenarbeit – Koalition oder Tolerierung – ging, am 2. November 1998 formal einen Koalitionsvertrag, und am 3. November 1998 konstituierte sich die erste rot-rote Landesregierung der Bundesrepublik. Ministerpräsident wurde der SPD-Landesvorsitzende Harald Ringstorff, stellvertretender Ministerpräsident wurde der PDS-Landesvorsitzende Helmut Holter. Gysi bezeichnete die Bildung dieser ersten rot-roten Regierung als „historische Zäsur” und nannte sie wegweisend für andere ostdeutsche Länder; die Bundes-SPD beobachtete die Regierungsbildung dagegen mit Skepsis. Trotz der Beteiligung der PDS an der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern blieb die PDS unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz, da ihre Verfassungsmäßigkeit weiterhin in Zweifel gezogen wurde. Auf ihrem Parteitag im Januar 1999 beschloss die PDS – vor dem Hintergrund ihrer Wahlerfolge und ihrer Regierungsbeteiligung –, ein neues Parteiprogramm zu erarbeiten, das die Partei bis zu den nächsten Bundestagswahlen auch auf Bundesebene koalitionsfähig machen soll.

Im Europa- und Landtagswahljahr 1999 konnte sich die PDS auf Bundesebene weiter stabilisieren und in den ostdeutschen Bundesländern ihre Position weiter ausbauen: Bei den Europawahlen im Juni erreichte sie 5,8 Prozent und zog damit erstmals ins Europäische Parlament ein. Aus den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen im September 1999 ging sie mit Zugewinnen von jeweils um die 5 Prozentpunkte als zweitstärkste Partei nach der CDU und vor der SPD hervor; in Brandenburg gewann sie ebenfalls deutlich hinzu und wurde hier drittstärkste Fraktion. Ihre Gewinne verdankte die PDS in erster Linie dem Einbruch der SPD, deren Regierungspolitik auf scharfe Kritik bei der traditionellen Linken im Allgemeinen und auf deutliche Ablehnung bei ihrer potentiellen Klientel in den ostdeutschen Ländern im Besonderen gestoßen war.

Auf dem Parteitag der PDS im April 2000 kündigten die beiden Integrationsfiguren der Partei, Lothar Bisky und Gregor Gysi, an, sich nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen. Grund für ihren Rückzug aus der Parteiführung war u. a. die seit langem schwelende Auseinandersetzung innerhalb der PDS zwischen Reformern und Orthodoxen. Nachfolger Gysis im Fraktionsvorsitz wurde im Oktober 2000 Roland Claus; und auf einem Sonderparteitag ebenfalls im Oktober wählte die PDS Gabriele Zimmer zur Parteivorsitzenden. Zudem stimmte der Parteitag mit großer Mehrheit im Grundsatz für eine Zusammenarbeit mit der SPD, d. h. für bilaterale Gespräche auf allen Ebenen und für die Möglichkeit einer Koalition auch auf Bundesebene.

Für kontroverse Diskussionen inner- und außerhalb der Partei sorgte der im April 2001 vorgestellte Entwurf eines neuen Grundsatzprogramms. In diesem Entwurf hielt die PDS zwar weiterhin am Ziel des Sozialismus fest, modifizierte aber eine ganze Reihe von sozialistischen Grundpositionen der Vergangenheit, beschritt vor allem in der Eigentumsfrage, einer der Grundfragen der sozialistischen Bewegung, neue Wege. So sieht sie z. B. im „allumfassenden Staatseigentum” nicht mehr die einzige Alternative zum kapitalistischen Eigentum, sondern in „Eigentumsformen, die es am ehesten erlauben, die menschlichen Grundgüter effizient bereitzustellen und gerecht zu verteilen”; sie befürwortet fallweise sogar den Übergang bisher staatlichen Eigentums in private Verfügung, erteilt aber „allen Entwicklungen, die die Dominanz der Kapitalverwertungsinteressen stärken” eine klare Absage. „Unternehmertum und betriebswirtschaftliches Gewinninteresse” werden erstmals als wichtige Voraussetzungen für Innovation und Effizienz eingeschätzt; die allgegenwärtige „gesamtgesellschaftliche Dominanz von Profit” aber ist für sie weder mit ihrer Vorstellung von Gerechtigkeit noch mit der im Grundgesetz gebotenen Verpflichtung durch das Eigentum vereinbar. Zudem setzte sich die PDS in ihrem Programmentwurf mit der Rolle der SED in der DDR auseinander, konstatierte die fehlende Fähigkeit und Bereitschaft der SED, „Sozialismus mit Demokratie und Freiheit zu verknüpfen”, und, daraus folgend, „schmerzliche Fehler, zivilisatorische Versäumnisse und auch unentschuldbare Verbrechen”. Die Parteilinke, allen voran die Kommunistische Plattform, lehnte den Entwurf, insbesondere die Neubewertung der Eigentumsfrage, als unzureichend und nicht mehrheitsfähig ab; die außerparteiliche Kritik qualifizierte den Entwurf als wahltaktische Anbiederung an die SPD oder warf ihm mangelnde Neuausrichtung vor. Wenige Tage vor der Veröffentlichung des Programmentwurfs hatte sich die Parteiführung für die 50 Jahre zuvor, im April 1946 vollzogene Vereinigung von KPD und SPD zur SED und die damit verbundenen Repressionen entschuldigt und war auch mit dieser Aktion auf geteiltes Echo gestoßen.

Erneut harscher Kritik und schweren Anfeindungen ausgesetzt sah sich die PDS im Vorfeld des 40. Jahrestages des Baus der Berliner Mauer am 13. August 2001. Die PDS lehnte es ab, wie von vielen Seiten gefordert, sich für den Bau der Mauer zu entschuldigen, mit der Begründung, solche Rituale würden nichts klären. Stattdessen bekräftigte sie wiederholt, dass die Einschränkung der Freizügigkeit durch die Mauer und die zahlreichen Toten an der Mauer durch nichts zu rechtfertigen seien. Großen Teilen des politischen Spektrums in Deutschland, allen voran der CDU/CSU und der FDP, genügte diese Erklärung jedoch nicht. Neue Nahrung erhielten die Anfeindungen der konservativen Parteien gegenüber der PDS und nun auch der SPD, als in Berlin SPD und Grüne im Juni 2001 gemeinsam mit der PDS den CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen stürzten und der anschließend konstituierte rotgrüne Berliner Übergangssenat auf die Unterstützung der PDS angewiesen war. Die politische Auseinandersetzung fiel nun zeitweise in das Blockschema aus den Zeiten des Kalten Krieges zurück.

Aus den vorgezogenen Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Oktober 2001 ging die PDS mit 22,6 Prozent der Stimmen als drittstärkste Kraft hinter der SPD und der CDU hervor, wobei sie im Ostteil der Stadt fast 50 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, und bot sich damit als Koalitionspartner der SPD an. Die aber versuchte unter ihrem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, in Rücksicht auf die Vorbehalte gegen eine rot-rote Koalition, zunächst eine Koalition mit den Grünen und der FDP zustande zu bringen; erst als dieser Versuch nach langwierigen Verhandlungen gescheitert war, nahm sie Gespräche mit der PDS auf, die rasch in einen Koalitionsvertrag mündeten. Diesem Vertrag stellten SPD und PDS eine Präambel voran, in der sich die PDS u. a. von den Unrechtstaten ihrer Vorgängerorganisation SED wie der Zwangsvereinigung der SPD und der KPD zur SED 1946, der Niederschlagung des Volksaufstandes von 1953 und dem Bau der Berliner Mauer 1961 distanzierte. Zudem verpflichteten sich in der Präambel beide Koalitionspartner zu „bundesfreundlichem Verhalten”. Auch dies bezog sich in erster Linie auf die PDS, hatte sie doch als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien grundsätzlich den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der NATO am Krieg gegen Afghanistan abgelehnt und diesen Krieg überhaupt verurteilt und sich damit, nachdem auch die Grünen für den Bundeswehreinsatz gestimmt hatten, als einzige pazifistische Partei empfohlen. Für ihr ablehnendes Verhalten war die PDS insbesondere vom SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzler Gerhard Schröder scharf kritisiert worden. In der neuen Berliner Landesregierung, die am 17. Januar 2002 gewählt wurde, erhielt die PDS drei der insgesamt acht Senatorenposten, darunter das Wirtschaftsressort, das bis zu seinem Rücktritt im Juli 2002 Gregor Gysi innehatte.

Die Bundestagswahlen am 22. September 2002 bedeuteten für die PDS erst einmal das bundespolitische Aus: Mit nur 4 Prozent der Stimmen scheiterte sie an der Fünfprozenthürde und war nun mit nur mehr zwei Abgeordneten, die Direktmandate gewonnen hatten, im Bundestag vertreten. Auch die gleichzeitig stattfindenden Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern markierten einen schweren Rückschlag für die Partei: Hier verlor die PDS gegenüber 1998 knapp ein Drittel des Stimmenanteils und kam auf nur noch 16,4 Prozent. Die Koalition mit der SPD wurde, wenn auch unter schwierigeren Bedingungen, fortgeführt. Das schlechte Abschneiden der PDS auf Bundesebene ließ sich u. a. auf das Fehlen markanter Führungspersönlichkeiten und Wahlkampfthemen zurückführen sowie auf die Zuspitzung des Wahlkampfs auf die Polarisierung zwischen SPD und CDU/CSU.

Die Niederlage bei den Bundestagswahlen stellte die Partei vor die Frage nach ihrem künftigen Kurs, und beschwor damit zugleich einen schweren innerparteilichen Konflikt herauf, und zwar einen Konflikt zwischen Pragmatikern, die eine Kooperation mit der SPD wo immer möglich und nötig befürworteten, und den Parteilinken, die die PDS in der Rolle einer gestaltenden, sich nicht opportunistisch anderen Parteien andienenden Oppositionskraft sahen und die eine zweite sozialdemokratische Partei in Deutschland für überflüssig hielten. In diesem Konflikt konnten sich auf dem Parteitag der PDS am 12./13. Oktober 2002 in Gera die Linken unter der Vorsitzenden Gabriele Zimmer durchsetzen. Die Pragmatiker wie Dietmar Bartsch und Petra Pau verzichteten auf eine neuerliche Kandidatur für den Parteivorstand, der sich nun fast ausschließlich aus Kritikern einer Regierungsbeteiligung der PDS zusammensetzte.

3  ORGANISATION

Die Partei ist untergliedert in Landesverbände (entsprechend der politischen Gliederung der Bundesrepublik), nachgeordnete Gebietsverbände sowie Organisationen an der Basis, die nach territorialen, betrieblichen, interessensgemeinschaftlichen und anderen Gesichtspunkten gebildet werden können. Oberstes Organ ist der Bundesparteitag, der sich vor allem aus Delegierten der Landes- und Gebietsverbände zusammensetzt und für jeweils zwei Jahre gewählt wird. Er beschließt das Programm der Partei, ihre Strategie und Politik, und er wählt den Parteivorstand, d. h. den Vorsitzenden der Partei, seine drei Stellvertreter, den Bundesgeschäftsführer und den Bundesschatzmeister. Der Parteivorstand ist das oberste politische Organ zwischen den Parteitagen und beschließt vor allem den konkreten politischen Kurs der Partei. Der Parteirat, das dritte Organ der PDS auf Bundesebene, hat in erster Linie beratende und kontrollierende Funktion gegenüber dem Parteivorstand; ihm gehören gewählte Vertreter der Landesverbände, des Rates der Alten und der Bundestagsgruppe an. Nicht eigenständige Gliederungen, sondern Teil der Partei sind die verschiedenen Zusammenschlüsse, die Arbeits-, Interessengemeinschaften und Plattformen (AGs, IGs und PFs), wie etwa die AG Betriebe und Gewerkschaften, die AG Bildungspolitik, die AG Junge GenossInnen und die Kommunistische Plattform der PDS. Die Partei hatte im Jahr 2000 eigenen Angaben zufolge etwa 86 000 Mitglieder; der weitaus größte Teil kommt aus Ostdeutschland.

In den fünf neuen Ländern hat sich die PDS als drittstärkste politische Kraft etabliert, in den alten Bundesländern dagegen ist sie nur marginal vertreten und ihr Wählerpotential sehr gering. Dass sie in Westdeutschland kaum präsent ist, ist u. a. darauf zurückzuführen, dass sich die PDS selbst dezidiert als Vertreterin der ostdeutschen Belange versteht sowie auf die vielen ungelösten Fragen, denen sich die PDS aufgrund ihrer DDR/SED-Vergangenheit konfrontiert sieht, wie etwa dem Vorwurf der IM-Tätigkeit („inoffiziellen Mitarbeit”) für die Stasi, der gegenüber zahlreichen PDS-Mitgliedern, allen voran Gregor Gysi, erhoben wird, und dem zwielichtigen Umgang der PDS mit dem SED-Vermögen.

Verfasst von:
Mechthild Weißer

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Thatcherismus, Bezeichnung für das von 1979 bis 1990 unter der Federführung der englischen Premierministerin Margaret Thatcher praktizierte Modell eines radikalen wirtschaftlichen und politischen Liberalismus in Großbritannien. Der Thatcherismus vollzog sich vor allem auf den Feldern der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik und hatte weit reichende Auswirkungen auf die Organisation der staatlichen Verwaltung. Zur Reduktion des Staatsdefizits wurde eine konsequent angebotsorientierte Wirtschaftspolitik unter Zurücknahme der Staatsquote verfolgt, die von einer beispiellosen Privatisierungs- und Reprivatisierungswelle staatlicher Unternehmen flankiert wurde. Bei der monetaristischen Finanzpolitik stand die Bekämpfung der Inflation im Vordergrund, die von einer Einschränkung der öffentlichen Ausgaben, Subventionsabbau, Zinserhöhungen und einer Reduzierung der Einkommensteuer begleitet wurde. Sozialpolitisch wirkte sich der strikte Sparkurs vor allem in einem drastischen Abbau der Sozialleistungen aus. Trotz seiner Erfolge bei der Belebung der Konjunktur und der Inflationseindämmung führte der Thatcherismus zu einem exorbitanten Anstieg der Arbeitslosenquote und zu einer Verschärfung der Kluft zwischen Arm und Reich.

Verfasst von:
Roland Detsch


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Neoliberalismus
Neoliberalismus, wirtschafts- und sozialphilosophische Denkrichtung auf der Grundlage der traditionellen Werte des klassischen ökonomischen Liberalismus. Das Funktionieren der freien Marktwirtschaft bleibt dabei jedoch nicht dem freien Walten des Laissez-faire-Prinzips überlassen; vielmehr soll der Staat Wettbewerbsbedingungen herstellen, unter denen die Marktteilnehmer im Wirtschaftsprozess frei agieren können und gleiche Ausgangsbedingungen in ihrem Leistungswettbewerb finden. Nach neoliberaler Auffassung wird das Wohl der Gesellschaft am besten gefördert, wenn sich die private wirtschaftliche Initiative und das Leistungsprinzip im Rahmen einer marktkonform gestalteten Wirtschafts- und Sozialordnung entfalten können.

Die Lehre des Neoliberalismus wurde Ende der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts von den Nationalökonomen Wilhelm Röpcke, Friedrich August von Hayek und Walter Eucken begründet. Mit ihrer neuen Lehre zogen sie Schlussfolgerungen aus der Weltwirtschaftskrise von 1929, deren Ursachen sie u. a. dem ungezügelten Ablauf kapitalistischer Wirtschaftsmechanismen nach den Regeln des ökonomischen Liberalismus zuschrieben. Mit der kritischen Rückbesinnung auf den Liberalismus und dessen Erneuerung im Zeichen einer stärkeren ordnungspolitischen Rolle des Staates verstand sich der Neoliberalismus auch als theoretische Antwort auf die von John Meynard Keynes entwickelten Vorschläge, dem Staat einen regulierenden Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen zu geben.

Gegenüber einer – wie im Keynesianismus – zum Interventionismus und Dirigismus neigenden Wirtschaftspolitik fordert der Neoliberalismus vom Staat, den Menschen grundsätzliche Freiheit in ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten zu gewähren und auf Eingriffe in den Wirtschaftsprozess (z. B. durch Subventionen) zu verzichten. Andererseits soll er die marktwirtschaftliche Ordnung aktiv mit dem Ziel gestalten, freies Wirtschaften im Prinzip für alle zu ermöglichen. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören dabei:

• Schutz vor privatwirtschaftlicher Marktmacht z. B. durch Monopole und Kartelle, die Kraft ihrer Marktposition den Wettbewerb einschränken,
• Gewährleistung eines freien Zugangs zum Markt und Offenheit des Wettbewerbs, so dass Konkurrenten nicht behindert werden,
• weitgehende Privatisierung des Staatseigentums, damit der Staat nicht selbst als wirtschaftlicher Machtfaktor wettbewerbsverzerrend auf dem Markt agiert.
Um soziale Härten auszugleichen, die ein offenes Wettbewerbssystem mit sich bringt, schlägt der Neoliberalismus eine Sozialpolitik vor, die den Bürger zu Selbsthilfe und selbstverantwortlicher Vorbeugung, z. B. im Rahmen eines ausgebauten Versicherungswesens, motiviert.

Unter dem Einfluss der vor allem von Walter Eucken begründeten Freiburger Schule prägte sich in Deutschland der Neoliberalismus in der Form des so genannten Ordoliberalismus aus. Angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse nach dem 2. Weltkrieg räumte er dem Staat eine stärkere Verantwortung für die Herstellung und Sicherung sozialer Gerechtigkeit ein; staatliche Interventionen zur sozialen Sicherung wurden als zulässig betrachtet, wenn sie wirtschaftskonform erfolgten.

Die theoretischen Grundlagen des Neo- bzw. Ordoliberalismus prägten das Konzept der sozialen Marktwirtschaft, das die Bundesrepublik Deutschland, mit dem Neoliberalen Ludwig Erhard als Wirtschaftsminister, zum wirtschaftlichen Aufstieg führte.

Verfasst von:
Wieland Eschenhagen


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Traditionalismus, weltanschauliche Haltung, die unabhängig von der konkreten historischen Situation am Hergebrachten, am Überlieferten festhält und Traditionen um der Tradition willen aufrechterhält. Der Traditionalismus ist ebenso wie der Konservatismus als Reaktion auf die Französische Revolution entstanden. Die im 18. Jahrhundert einsetzende Aufklärung und der damit verbundene Ruf nach Selbstbestimmung des Menschen wurde als Eingriff in die gottgegebene und gottgewollte Ordnung abgelehnt. Ebenso wie die Französische Revolution heute für ein erstes Umsetzen der aufklärerischen Gedanken in politische und soziale Praxis steht, so stand sie für die Anhänger des Traditionalismus für die entscheidende Abkehr des Menschen vom rechten, von Gott vorgegebenen Weg. Durch diese erneute Hinwendung zur Religion wurden der Klerus und seine Anhänger zu den wichtigsten Trägern des Traditionalismus.

In neuerer Zeit ist Traditionalismus nicht mehr zwingend an kirchlich-religiöse Vorstellungen gekoppelt. Aufgrund der Unübersichtlichkeit und Undurchdringlichkeit moderner Gesellschaften stellt Traditionalismus eher den Versuch dar, bewusste Veränderungen gewachsener Strukturen zu verhindern. Traditionalisten übersehen dabei, dass die bewusste Hinwendung zu oder die Aufrechterhaltung einer Tradition etwas anderes darstellt als unhinterfragt gelebte Tradition. Tradition muss Reflexion nicht ausschließen, Traditionalismus wird aber, nachdem die Reflexion einmal eingesetzt hat und somit die Veränderungen in der Gesellschaft bewusst geworden sind, unmöglich.

Verfasst von:
Wolfgang Habermeyer


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Soziale Marktwirtschaft, eine wirtschaftspolitische Konzeption, die eine freie Marktwirtschaft, mit begrenzten ordnungspolitischen Eingriffen des Staates, anstrebt, in der ein sozialer Ausgleich stattfindet. Als wirtschaftlicher Grundpfeiler gilt eine an der Preisstabilität orientierte Geldpolitik unter der Führung einer unabhängigen Notenbank (siehe Zentralbank). Politisch soll die soziale Marktwirtschaft ein hohes Maß an individuellen Freiheiten gewährleisten. Um die Entstehung wirtschaftlicher Monopole zu begrenzen und die politische Macht der Wirtschaft zu begrenzen, führt der Staat zusätzlich eine aktive Wettbewerbspolitik durch. Da der Staat lediglich einen Rahmen für das Handeln der Wirtschaftssubjekte festlegt, wird die soziale Marktwirtschaft auch als „staatlich gelenkte Marktwirtschaft” bezeichnet.

Der Zusatz „sozial” weist darauf hin, dass in das System auch soziale Sicherungen für die Bevölkerung eingebaut sind. In diesem Sinne stellt die soziale Marktwirtschaft den Versuch einer Synthese zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit dar. Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft entwickelte die so genannte „Freiburger Schule”, eine Gruppe von Ökonomen an der Universität Freiburg, zwischen 1930 und 1950. Geprägt wurde der Begriff im Jahr 1947 durch den Ökonomen Alfred Müller-Armack.

In der Bundesrepublik Deutschland ist der Begriff der sozialen Marktwirtschaft vor allem mit Ludwig Erhard verbunden, der dieses Konzept als Bundeswirtschaftsminister im ersten Kabinett der neu gegründeten Bundesrepublik ab 1949 umsetzte. Seither gehört die soziale Marktwirtschaft zu den Eckpfeilern der deutschen Gesellschaftsordnung. Die gesamtwirtschaftlichen Ziele der sozialen Marktwirtschaft – Vollbeschäftigung, stetiges Wirtschaftswachstum, Stabilität des Preisniveaus sowie außenwirtschaftliches Gleichgewicht – wurden 1967 im „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums” – kurz Stabilitätsgesetz genannt – formuliert. Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft fiel zeitlich mit dem so genannten Wirtschaftswunder zusammen, einem beispiellosen Wirtschaftsaufschwung in der Geschichte der Bundesrepublik.

Seit Mitte der neunziger Jahre kommt es verstärkt zu politischen Diskussionen über die „Bezahlbarkeit des Sozialstaates” und somit zur Infragestellung des wirtschaftspolitischen Konzeptes der sozialen Marktwirtschaft insgesamt.

Verfasst von:
Ulrich Jamin-Mehl


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Gewalt
Gewalt,  die rücksichtslose Anwendung von phys. und/oder psych. Zwang gegenüber einem anderen, um diesem Schaden zuzufügen bzw. ihn der Herrschaft des G. Ausübenden zu unterwerfen oder um solcher G. (mittels Gegengewalt) zu begegnen. Das Gewaltmonopol des Staates ermöglicht diesem einerseits die Verwirklichung der Freiheits-, Rechts- und Wohlfahrtsordnung für die Bürger, unterliegt andererseits jedoch verfassungsmäßigen Bindungen und Begrenzungen. Sofern der Staat einseitig oder völlig von bestimmten gesellschaftl. Gruppen oder Klassen beherrscht wird, entsteht (systembedingte) strukturelle Gewalt. Im Marxismus und in von ihm beeinflussten revolutionären Theorien wird die Rolle der polit. und staatl. G. in ihrer geschichtl. Notwendigkeit begründet. Ihnen stehen wiss. Bemühungen gegenüber, die die Ursachen von Frustration und Aggression sozialer Gruppen untersuchen und die Voraussetzung für polit. Aufklärung, rationale Auseinandersetzung und Institutionalisierung von Konflikten erforschen.
 Im Strafrecht ist G.- als Einsatz phys. Kraft zur Beseitigung eines wirkl. oder vermuteten Widerstandes- häufig Tatbestandsmerkmal einer strafbaren Handlung, z.B. bei Vergewaltigung. Nach der neueren Rechtsprechung bedeuten auch die Anwendung berauschender oder narkot. Mittel sowie die Hypnose, das Erzwingen oder das bewusste Verhindern des Überholens im Straßenverkehr Anwendung von Gewalt.

(c) Meyers Lexikonverlag.
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Nachricht: #230570,
Beitrag von charly1,    26.06.03, 12:32:17 Uhr

Just sachergänzt u. illustriert:
Gefunden & Gefressen (aus-gearbeitet)
[noch Pechschwarz & Knallrot.]

Liebe MittelstandsunternehmerInnen der Maischbergerklientel im global village!
Verehrte Doktores!

„Natürlich“ war das gestrige Gespräch „Maischberger, Späth, Gysi“ für mich ein „gefundenes Fressen“, Munition für meine eigene Beteiligung am „sportlichen Wettkampf der Systeme“ in der Öffentlichkeit des allgemeinen zugänglichen Teils unseres Internet. Mein Sonderinteresse am deutschen Top-Journalismus aber mag es verzeihlich erscheinen lassen, wenn ich der Systemauseinandersetzung zuvor eine speziell auf Frau Maischberger zugeschnittene Frage vortrage. :

Was ist es, das eine „Freie Journalistin“ veranlassen kann,
an dieser Stelle [1] von einem MUSS zu sprechen?

Hier der Hintergrund meiner – ausgesprochen gespektvoll und wahrhaftig intendierten – Frage. :

Sterbliche Geschöpfe MÜSSEN sterben. Todsicher. „Göttliche“ wird unsere begnadete SM von mir gelegentlich – nur scherzhafterweise – genannt. Wie auch ich selber, MUSS Frau Maischberger sterben. Todsicher.
Real lebt sie nun einmal nicht als Unsterbliche in olympischen Höhen. Todsicher nicht. Warum also erhoffe ich mir von einer wahren Master-Journalistin die sittliche und möglichst auch wirtschaftliche Potenz, NEIN zu sagen, wenn es um die Kommentierung eines so sehr skandalträchtigen Todes-Falles, wie den des Westfalen Jürgen Möllemann, exakt am Tage seines Sterbens geht?

Wie ich selber täglich bei mir schmerzlich vermisse, vermisst auch Frau Maischberger bei sich „intellektuelle Schärfe, klassische Bildung“.
(n-tv-Chat vom 20.02.2002 ) [2] Solche aber zu erringen, bleibt (auch) mir jeden Tag harte Arbeit. – MÜSSEN aber, muss auch ich – letztlich - nur sterben. Todsicher! --

Und dann aber erbitte ich mir (endlich) RUHE. („Requiescat in pace“.)--

Meine eingangs angekündigte „Systemauseinandersetzung“ formuliere ich als „Anmerkung“ in meiner Mitschrift-Skizze „Pechschwarz & Knallrot“ vom 26.06.2003. Die Fertigstellung des verbalen Teiles dort, erlaube ich mir später bekannt zu geben. Die Illustration aber ist schon jetzt fertig.
( http://www.schulte-schulenberg.de/n-tv/094.html )

Für das wohlwollende Verständnis meiner „Systemauseinandersetzung“ setze ich dann allerdings konkrete, persönliche Erfahrungen im Umgang mit eigenem Unternehmerrisiko und der Verantwortungsbelastung eines Prinzipals im System unserer „Sozialen Marktwirtschaft“ zwingend voraus.

-------Sonst bleibt´s beim – vielleicht gut gemeinten - „Wischiwaschi“.-------

Außerdem habe ich mit dem eigenen Familienserver gezieltere Anmeldungsmöglichkeiten in der Suchmaschinenwelt. So sollen meine sozialpolitischen Beiträge auch ferner Eingang in wissenschaftliche Abhandlungen finden, - wie ich mir das natürlich sehr wünsche.

Es bleibt viel zu tun. Packen wir’s an! Gemeinsam.

Mit freundlichen Grüßen aus der „Busch-Kartause“ !
http://www.schulte-schulenberg.de/logaestein_.html

[1] SM (am 26.06.2003 n-tv-Displayzeit Uhr 21,17)
„[...]Wir hatten Sie ja eingeladen, schon am 5. Juni. Das war der Tag, an dem dann bekannt wurde, dass Jürgen Möllemann in den Tod sprang. Sind Sie in jeder Hinsicht froh gewesen, an diesem Tag nicht vor einer Kamera gewesen zu sein? Weder in meiner Sendung, noch in der, die Sie ja gemeinsam moderiert hatten, weil Sie`s dann thematisiert hätten MÜSSEN. [...]

[2] http://www.n-tv.de/2902238.html 

-----------------------------------------------------


[1]
CDU-Änderungsvorschläge
01. Gesetz zur Modernisierung des Arbeitsrechts. (Gesetzentwurf)   (100 KB)
02. Herzog-Kommissionsvorschlag „Soziale Sicherheit“. (Beschluss)  (81 KB)


Anmerkung 01:  (Persiflage)

Streng wissenschaftliche Vergleichsstudie: "ROT"

01. Rote Bürger-Fahne.         (Sine nobilitate)
02. Rotes Nobel-Fähnchen.   (1,3 MB)


Anmerkung 02 (Persiflage)

Streng wissenschaftliche Beweisführung: "SCHWARZ && ROT"

Der "Schwarzarbeiter" - - -  ist schwarz.

Die "Fernsehdienerin" - - - liebt rot.


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