DichterIn vs. RichterIn ?   (zugehört)

Soeben bei n-tv-Maischberger, 16.05.2002, Uhr 17,15
Zu Gast:
Jutta Limbach, ehem. Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, künftige Präsidentin des Goethe-Instituts.
Thema:
Biographisches.

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(Zitate nur sinngemäß und ohne Gewähr. Protokollierung nur nach Interessenlage und zeitlicher Möglichkeit von C.Elmar Schulte-Schulenberg. Oder: „Omne quod recipitur – ad modum recipientis recipitur.“ )
--
SM Sandra Maischberger
L     Jutta Limbach

START

SM
„Vom höchsten Richter zum größten Dichter.“
Justitia hat verbundene Augen, - ist „blind“?
L
Nein. Man muss mehr sehen. Wechselwirkung von Recht und Gesellschaft.

SM
Waren Sie eine unpolitische Richterin?  (überparteilich)
L
Die sich für unpolitisch halten begreifen nicht, dass sie die (unverzichtbare) Entwicklung bremsen.

SM
„Tönen“ Sie?  (des Kanzlers Haare)
L
O, ja!   (Anhängiger Rechtsstreit zu des Kanzlers Haarpracht – albern.)

SM
Darf die Presse den Kanzler so bloß stellen, wie mit der aktuellen Karikatur?
L
Wenn Kunst, Ja.

SM
Ist es richtig, die NPD zu verbieten?
L
Hier keine Antwort zu diesem Thema.
Wenn ich NPD-Aufmärsche in TV sehe, geht es mir nicht anders, als Ihnen.
Jedoch: Unser Grundgesetzt definiert Grenzen. Es muss differenziert werden.

SM
KPD (jedoch) wurde verboten. Falsch gewesen?
L
In der Situation des Kalten Krieges war eine ganz andere - subversive Arbeit (der KPD) -möglich.

SM
Jugendschutznovelle – will Computerspiele /Gewalt) verbieten. Richtig?
L
Medien haben Kulturauftrag. Ich persönlich habe Vorbehalte gegen solche Gewaltspiele.
Ich zögere jedoch – zu verbieten. Wir müssen die Erziehungsleistung bringen. Vorsicht vor Zensur.

SM
Familien mit Kindern mehr Stimmrecht?
L
Nein.

SM
Bundesrat kann Bundestags-gesetzesaktivitäten canceln. Gut?
L
Gut.

SM
Zuwanderungsgesetz: Verfassungsrechtler streiten. War das Ok?
L
Kein Kommentar dazu, Sorry!
Weil: Der zweite Senat muss noch urteilen. Insofern würde ich eingreifen. Ich habe eine feste Meinung dazu.

SM
Ihre Meinungsäußerungen jetzt politisch freier als zu Ihrer Amtszeit?
L
Ja. Jedoch im Hinblick auf meine bisherige Tätigkeit –  nachwirkende Verpflichtungen, - Zurückhaltung.

SM
Ehem. Bundespräsident Roman Herzog hat Bundespräsident Rau öffentlich empfohlen, wie er sich in der Sache Zuwanderungsgesetzgebung verhalten möge. Richtig?
L
Ich selbst hätte anders als Herzog gehandelt.

SM
Peter Glotz sagte: Sie seien „unnötig prinzipiell“ + „zu selbstbewusst“
Darüber müssen wir nach der Werbung reden.
 

Bleiben Sie bei uns.  ;-)
   Werbe-PAUSE


SM
Rechtschreibdebatte als „Goethe-Präsidentin“- kein Thema für Sie?
L
Differenziert Macht der Institutionen ( 1. - 2. Senat ) „Macht der Acht.“
Beide Senate kommen in 95% der Fälle zur Einstimmigkeit. Sehr gut. : Siehe Schwangerschaftsabbruchgewichtigkeit.

SM
Ihre Ur-Großmutter wäre stolz auf Sie?  (Familiengeschichte – frauenlastig politisiert)
L
Ur-Großmutter ist 2 x verurteilt worden. 1 x im Gefängnis gesessen. : Frauenemanzipation in Preußen.
„Politisches Gen“ steckt wohl in mir. Auch meine Tochter nimmt über Ihre Berufstätigkeit hinaus politische Verantwortung wahr.  (2 Söhne + 1 Tochter)

SM
Hat die Tätigkeit in 2 sehr hohen Ämtern Ihre (politische) Grundeinstellung beeinflusst?
L
Meine frühere Universitätstätigkeit war sehr anders, und ich habe politisch dazu erfahren.

SM
Ihre allgemeine Beliebtheit?  („Ingelein ist gemein“)
L
Ich bin Sozialdemokratin, kann aber auch mit anderen Überzeugungen umgehen. Mit 1,60 Körperlänge unterschätzt man mich leicht.  ;-))

SM
Glotz: Ihre Kritik zu NPD-Verbotsverfahren - war Grund für seine Bemerkung?
L
Nein, glaube ich nicht.
In einer anderen Sache allerdings habe ich mein eigenes Verhalten zu kritisieren. Und darauf hebt er ab.

SM
Schily hat sich wg. Kooperationsunwilligkeit beschwert. Richtig?
L
Nein!

SM
Ihre erste große Rede nach Amtsende. - Thema: Terroristenbekämpfung hat unerwünschte Nebenfolgen?
L
Gefährlich, - Ja.
Beispiel: Erniedrigende Maßnahmen forcieren Rekrutierbarkeit von Terroristen.

SM
Goethe Institutspräsidentin, - Aufgabenverständnis?  (Leitkultur?)
L
„Leitkultur“ nicht Ok.
Dagegen – jetzt: Interkultureller Dialog im Forum Außenministerium:
 „Menschenrechte“ zeichnet die westliche Zivilisation aus. Und dafür haben wir einzutreten.

SM
Budgetenge?
L
Wichtiger als neue Panzer zu kaufen, - ist die Funktionstüchtigkeit des Goetheinstitutes.

SM
Davon werden wir in Zukunft wohl noch mehr hören. Danke.

END

Bye!
charly1
( Carl-Elmar Schulte-Schulenberg )
 

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Limbach, Jutta (*1934), Juristin, Senatorin für Justiz in Berlin (1989-1994), Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts (seit 1994).


Das Bundesverfassungsgericht ist die oberste Rechtsinstanz in der Bundesrepublik Deutschland. Klageberechtigt ist grundsätzlich jeder Bürger, sofern er seine persönliche Betroffenheit darlegen kann. Das Bild zeigt Jutta Limbach, die derzeitige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts
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Jutta Limbach, geborene Ryneck, wurde am 27. März 1934 in Berlin geboren. Sie studierte Rechtswissenschaft, legte 1962 das zweite juristische Staatsexamen ab, promovierte 1966 und habilitierte sich 1971. Im folgenden Jahr wurde sie Professorin für Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin; an der Universität Heidelberg erhielt sie 1974 außerdem einen Lehrauftrag für Rechtssoziologie.

1989 wurde Jutta Limbach, seit 1962 Mitglied der SPD, in der rotgrünen Berliner Regierung unter Bürgermeister Walter Momper Senatorin für Justiz. Für Aufsehen sorgte sie schon kurze Zeit nach Amtsantritt, da sie für eine Zusammenlegung von RAF-Häftlingen eintrat und die „politische Abteilung” der Berliner Staatsanwaltschaft auflöste. Im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 erwuchsen ihrem Amt viele neue Aufgaben. So war die gesamte Justiz im wiedervereinigten Berlin neu zu ordnen, DDR-Richter und -Staatsanwälte mussten überprüft werden. Jutta Limbach musste hierbei häufig Kritik hinnehmen, z. B. im Zusammenhang mit der Freilassung des ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker im Januar 1993.

Im Februar 1994 wurde Jutta Limbach vom SPD-Gremium für ein Richteramt im Bundesverfassungsgericht nominiert; der Bundestag wählte sie am 4. März 1994 einstimmig zur Richterin am zweiten Senat; außerdem wurde sie Vizepräsidentin dieses obersten deutschen Verfassungsgerichts. Im Mai 1994 wurde Roman Herzog, der damalige Präsident des Gerichts, zum Bundespräsidenten gewählt; am 7. September 1994 bestimmte der Wahlausschuss des Bundestages Jutta Limbach zur Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts.

In Jutta Limbachs Amtszeit fallen einige stark umstrittene Entscheidungen des Gerichts. Zur Kritik an den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts äußerte Frau Limbach, dass Richter „ohne Rücksicht auf Beifall und Kritik” Recht sprechen müssen. Zugleich zeigte sie sich aber besorgt über die schwindende Anerkennung der Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Sie schuf 1996 daher erstmals die Stelle eines Pressesprechers, um durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit für die Akzeptanz der Gerichtsentscheidungen werben zu können.

Außerhalb ihrer Tätigkeit als Verfassungsrichterin schaltete Limbach sich immer wieder in die öffentliche Diskussion ein. So äußerte sie Kritik an der Ausgestaltung der deutschen Einheit: Für die Opfer des DDR-Regimes sei durch die Justiz keine Gerechtigkeit hergestellt worden, bei der Wiedervereinigung habe es der Politik an „sozialer Phantasie und Kompetenz” gemangelt. Darüber hinaus tritt sie für mehr plebiszitäre Elemente in der deutschen Politik ein.

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Im Juli 1998 wies das Bundesverfassungsgericht eine weitere KlageGysis gegen den Ausschussbericht zurück. Allerdings stellten vier der acht Richter, unter ihnen die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, fest, dass der Ausschuss mit seiner Wertung, Gysi habe seine Position als Anwalt im Auftrag des Staatssicherheitsdienstes gegen seine Mandanten ausgenutzt und an der Unterdrückung der demokratischen Opposition aktiv mitgewirkt, seinen Auftrag „in verfassungswidriger und diskreditierender Weise überschritten” hat.
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Glotz, Peter (*1939), deutscher Politiker und Kommunikationswissenschaftler, Bundesgeschäftsführer der SPD (1981-1987), Rektor der Universität Erfurt (1997-1999).
Geboren am 6. März 1939 im sudetendeutschen Eger, floh Glotz 1945 mit seiner Familie nach Bayern. 1959 nahm er ein Studium der Zeitungswissenschaft, Philosophie, Germanistik und Soziologie auf und arbeitete ab 1964 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitungswissenschaft der Universität München, als dessen Konrektor er 1969/70 amtierte1961 war er der SPD beigetreten, für die er von 1970 bis 1972 im Bayerischen Landtag saß. 1972 zog er erstmals in den Bundestag ein, wurde 1974 zum Parlamentarischen Staatssekretär des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft ernannt und ging 1977 als Senator für Wissenschaft und Forschung nach Berlin. 1981 wurde er zum Bundesgeschäftsführer der SPD gewählt (bis 1987), und 1983 kehrte er in den Bundestag zurück. Daneben war Peter Glotz als Chefredakteur der Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte tätig, war Mitglied des ZDF-Fernsehrates und des Aufsichtsrates der Telekom, Stiftungsrat des Wissenschafts-Kollegs Berlin und Vorstandsmitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung. 1996 legte er sein Bundestagsmandat nieder, um in Erfurt als Gründungsrektor den Aufbau einer neuen Universität zu leiten. Ende 1999 schied er aus der Universität Erfurt und wechselte an die Wirtschaftshochschule in Sankt Gallen.

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